Schwester Eleonore hat Brunnen geliebt. Zwei gerahmte Bilder hingen in ihrem Zimmer. Ein passender Text dazu lag in ihrem Gotteslob. Es ist ihr Glaubensbekenntnis und ein Vermächtnis an uns. Gott ist die Quelle ihres Lebens. Sie selbst verstand sich als Brunnen, der weiterschenkt, was ihr an Leben spendendem Wasser zugeflossen ist. Dieser Brunnen von Sr. Eleonore ist am 13. Juli um 9.45 Uhr versiegt. Segen kann sie uns weiterhin aus der Ewigkeit zufließen lassen.
Entsprungen ist ihre Lebensquelle am Dreikönigstag 1936 in Ebensfeld, im Landkreis Lichtenfels. Zwei Tage später wurde sie am 8. Januar mit dem Wasser der Taufe übergossen und erhielt ihren Namen Annemarie. Sie wuchs mit zwei älteren Brüdern in einer Metzgerfamilie auf. Nach der Volksschule in Ebensfeld besuchte sie noch zwei Jahre die hauswirtschaftliche Berufsschule in Lichtenfels und anschließend die Haushaltungsschule im Kloster Oberzell.
Durch den Kontakt mit unseren Schwestern in Ebensfeld und hier in Oberzell trat sie am 16. August 1954 in unsere Gemeinschaft ein. Als Kandidatin besuchte sie die Frauenfachschule St. Hildegard in Würzburg und machte 1956 die staatliche Prüfung in Nadelarbeit. Daran schloss sich der Pädagogische Lehrgang ebenfalls im Haus St. Hildegard an. Nach dem vorgeschriebenen Praktikum in Volksschulen legte Annemarie 1959 die zweite Lehramtsprüfung als Handarbeitslehrerin ab.
Im Mai 1960 wurde sie in das zweijährige Noviziat aufgenommen und erhielt den Namen Schwester M. Eleonore. 1962 versprach sie für drei Jahre und 1965 für die Zeit ihres Lebens nach den Gelübden zu leben. Von 1962 bis 1974 war Schwester Eleonore als Gruppenerzieherin im Mädchenheim in Kirchschönbach eingesetzt. Danach arbeitete sie drei Jahre als Gruppenerzieherin im Mutter-Kind-Heim im St. Annaheim in Mannheim und ab 1976 in München-Thalkirchen.
In München qualifizierte sie sich zur „Fachkraft in der Heimerziehung“ und nahm praxisbegleitend an einer Zusatzausbildung am Heilpädagogischen Seminar in Würzburg teil. Auch an der Katholischen Stiftungsfachhochschule in München belegte sie Kurse für die Heimerziehung. 1980 wurde Sr. Eleonore als Gruppenzieherin in das Mädchenheim St. Ludwig versetzt und übernahm die Gruppenleitung. Seit 1997 bildete sie Mädchen in der Wäscherei aus. Als ihre Lebenskräfte nachließen, wurde Sr. Eleonore im vergangenen Jahr ins Antoniushaus verlegt. In den letzten Wochen versiegte ihr Lebensstrom nach und nach. Sie starb im Alter von 85 Jahren.
Patenschwester der Antoniengruppe
Schwester Eleonore war ihr ganzes Ordensleben im Sendungsauftrag unserer Gemeinschaft tätig. Sie war begeistert von Mutter Antonia. Mit hohem persönlichem Einsatz und viel Freude hat sie gewirkt und in Verbundenheit mit der ursprünglichen Quelle die Charismen unseres Apostolates durch sich selbst hindurchfließen lassen. Sie pflegte vielfältige Kontakte im Antonia-Werr-Zentrum und war die Patenschwester der Antoniengruppe.
Schwester Eleonore lebte ihren vertrauensvollen Glauben im direkten Gespräch mit ihrer Lebensquelle, ihrem ‚Mister Gott‘. Er gab ihr Halt, auch in schwierigen Situationen. Bibeltexte hat sie gerne im Kontakt zu Mitschwestern geteilt. Sie kannte die Grenzen des Lebens und Tage des Krankseins. Gleichzeitig freute sie sich über kleine Aufmerksamkeiten, die Schönheit der Natur und das Geschenk des Lebens. Sobald es ihr gesundheitlich wieder besser ging, genoss sie das Leben. Sie teilte gerne das gemeinschaftliche Leben, sowohl in den Gebetszeiten, als auch in den übrigen Zeiten und hatte einen großartigen Humor.
Ihr Einsatz galt immer den Mädchen und jungen Frauen. Sie konnte sich immer wieder auf neue Situationen einstellen. So ging sie auch mit zu Entbindungsterminen im Mutter-Kind-Heim und konnte den werdenden Müttern beistehen. Sr. Eleonore hat zu ihren eigenen Bedürfnissen und denen ihrer Mädchen und jungen Frauen gestanden, auch wenn sie dabei mal aus der Reihe „tanzte“. Sie schaffte es, immer etwas Besonderes auszumachen, die Betreuten zu überraschen, sie zum Staunen im grauen Alltag zu bringen und Feste mit unvergesslichem Glanz zu feiern.
Sr. Eleonore hatte viele Talente. Ihre Gaben sprudelten nur so aus ihr heraus. Sie verstand es, ihre unterschiedlichen Fähigkeiten gezielt einzusetzen. Indem sie selbst in der Gruppe anpackte, vermittelte sie den Mädchen, wie man die Wohnung gründlich und praktisch reinigt und den Haushalt versorgt. So erwarben die Mädchen Sicherheit bei den täglich anfallenden Aufgaben und lernten nebenbei viele Handarbeiten oder Basteleien.
Eine Ehemalige sagt: „Ich wäre nicht da, wo ich jetzt bin. Sr. Eleonore hat an mich geglaubt, sie hat mir Selbstbewusstsein vermittelt und immer wieder Mut gemacht. Sie hat auch energisch und unmissverständlich Grenzen gesetzt und Ziele aufgezeigt.“ So erschloss sie Anderen den Zugang zu ihren eigenen Lebensquellen. ‚Schwester Elli‘, wie sie gerufen wurde, hat durch ihren Humor Menschen zum Lachen gebracht. Sie fuhr mit ihrem Roller durchs Gelände und ging von sich aus auf die Mitarbeitenden im Antonia-Werr-Zentrum zu. Sr. Eleonore ermutigte die betreuten Mädchen, nicht gleich aufzugeben. Sie wusste, dass man manchmal lange graben muss, bis man aus einem Brunnen Wasser schöpfen kann.
Stolz auf die Heimat
Sr. Elli war stolz auf ihre Heimat und eine Oberfränkin zu sein. Sie schätzte ihr Zuhause und wusste, dass ihre Kontaktfreude im elterlichen Geschäftshaushalt grundgelegt wurde. Bewusst pflegte sie die Verbundenheit mit ihren beiden Brüdern, Schwägerinnen und deren Kindern. Gerne verbrachte sie ihren Urlaub in Ebensfeld und Koblenz, da schöpfte sie jeweils neue Kraft.
Große Dankbarkeit zeichnete sie aus; nichts war ihr selbstverständlich. Ihr Sinn für Schönheit und Farbe machte aus ihr zeitweise eine Tüftlerin, bis eine Überraschung gelungen war. Mit einer Rose oder einem bunten Schal, konnte man sie glücklich machen. Ihre Dankbarkeit kam zum Teil aus dem Hören, dem Hinhören, wenn sie Anrufe tätigte, Ehemalige ermutigte oder gegenüber Bekannten, Freundinnen und Freunden ihre Verbundenheit zum Ausdruck brachte. Rundbriefe an Ehemalige waren für die Beziehungsgestalterin Elli lange Zeit ein wichtiges Signal, dass sie nicht vergessen sind.
Für ihre Familie war als ein großes Geschenk, einen solchen Menschen wie ihre Tante kennen und mit ihr leben zu dürfen. Im „Dusoldschen“ Elternhaus war sie eine lebenslange Begleiterin. Ihre Angehörigen schreiben: „Sie hat zu unserer Familie fest dazu gehört. Wenn Sr. Eleonore auf Urlaub zu Hause war, haben wir immer gerne ihre unaufdringlichen Denkanstöße angenommen. Mit ihr erlebten wir eine für Alles offene, moderne Ordensfrau! Sr. Eleonore versprach immer ihr Gebet für die Familie gerade auch in Zeiten, die von Problemen, Krankheiten und Ähnlichem geprägt waren. Und das war keine fromme Floskel! Sie war eine Fürsprecherin bei ‚Mister Gott‘.“
Auch ihre Kreativität ist im Hause Dusold legendär: „Aus allem wusste sie etwas zu machen. Kleine Beispiele: ihre originellen Schals, ihre legendären Streichholzschachteln mit den aufmunternden Sprüchen und Bildern, ihr originelles Fahrzeug im Kloster und auch im Urlaub in Ebensfeld: der Roller! Bei Familienfeiern hat sie sich gerne in die Dekoration eingebracht: da noch ein Blümchen, dort noch eine Serviette, hier noch ein Schleifchen drapiert…“
Schwester Eleonore ist nun bei Gott angekommen. Mit dem Psalmisten kann sie nun beten: „Bei Dir, Gott, ist die Quelle des Lebens. In Deinem Licht schauen wir das Licht.“ (Ps 36,9).