Schwester Edelhilde hat ihr Leben lang gern gelacht. Jetzt hat sie wirklich allen Grund zum Lachen: Am 11. Mai ist sie in den frühen Morgenstunden zu Gott heim gegangen.
Ihren ersten Schrei stieß sie am 6. Januar 1934 aus. Einen Tag nach dem Fest der Erscheinung des Herrn wurde sie auf den Namen Gertrud Maria getauft. Sie war das zweite von vier Kindern. Ihre Eltern Alfons und Angela Saam besaßen in Eßleben im Landkreis Schweinfurt eine Landwirtschaft. Nach der Volksschule in Eßleben ging Gertrud noch zwei Jahre auf die landwirtschaftliche Berufsschule in Werneck und in die Haushaltungsschule nach Oberzell.
Dabei lernte Gertrud unser Kloster kennen und fühlte sich vom Ordensleben angezogen. Am 15. März 1958 trat sie als Kandidatin ein. Von 1958 bis 1961 besuchte sie die Frauenfachschule in St. Hildegard in Würzburg und wurde zur Handarbeits- und Hauswirtschaftslehrerin ausgebildet. Ihr Praktikum leistete sie 1964 in Wildflecken in der Rhön und in Thüngersheim mit der zweiten Lehramtsprüfung ab.
Im Mai 1965 erhielt Gertrud bei der Einkleidung ihren Ordensnamen Schwester Maria Edelhilde. Nach dem zweijährigen Noviziat versprach sie für drei Jahre arm, ehelos und gehorsam zu leben. 1970 erneuerte sie die zeitlichen Gelübde für weitere zwei Jahre und legte am 5. Mai 1972 die Profess auf Lebenszeit ab.
Von 1967 an wirkte Schwester Edelhilde in St. Ludwig als Fachlehrerin für Hauswirtschaft bei den Mädchen mit besonderem Förderbedarf. Ab 1979 war sie Ausbilderin für Hauswirtschaftstechnische Helferinnen. Mit unendlich viel Liebe, Geduld, Energie und Umsicht hat Schwester Edelhilde 42 Mädchen dabei unterstützt ihre berufliche Ausbildung abzuschließen. 13 Jahre lang gehörte sie dem Prüfungsausschuss für Hauswirtschaftstechnische Helferinnen an.
Meisterpreis von Barbara Stamm erhalten
Die Ausbildung der Mädchen erforderte enormen persönlichen Einsatz. Es galt nicht nur den erfolgreichen Abschluss der Hauswirtschaft zu erreichen, sondern die Auszubildenden auch in ihrer Persönlichkeitsentwicklung zu begleiten. Über 30 Jahre erteilte Schwester Edelhilde theoretischen und praktischen Unterricht an der Von-Pelkhoven-Schule im Antonia-Werr-Zentrum. 1999 verlieh die damalige Sozialministerin Barbara Stamm den Schwester Edelhilde und Schwester Irmgard König den Meisterpreis.
Nach ihrem altersbedingten Ausscheiden aus dem Schuldienst kam eine etwas ruhigere Zeit für sie. Sie half im Konvent, in Haus und Garten, betreute Mädchen in der Freizeit und gab zwischendurch immer wieder mal Unterricht in den praktischen Fächern. Besonders gern widmete sie sich jetzt den Handarbeiten. Sie war eine begeisterte Stickerin, stellte Wandbehänge und Altardecken her. Auch Webarbeiten und Stricken mochte sie gern. Bei all ihren Arbeiten zeigte sie große Ausdauer und exaktes Arbeiten.
Schwester Edelhilde war durch ihr offenes und frohes Wesen überall gern gesehen. Sie war fleißig, hilfsbereit und zuverlässig. Sie war ein Gemeinschaftsmensch, liebte Witze und machte gerne Scherze. Gleichzeitig war sie intuitiv und klar in ihren Einstellungen und sagte unverblümt ihre Meinung und Einsichten.
Sie aß gerne Blutwurst, Schweinshaxe, Schinken und vor allem viel lieber Nudeln als Kartoffeln. Ihr Lieblingseis war Erdbeere und Schokolade. Jahrzehntelang verbrachte sie ihre Urlaube zusammen mit Sr. Agnella, Sr. Alfriedes und Sr. Irmgard.
Religiöse Lieder, Gebete und ein Gläschen Frankenwein
Als ihr gesundheitliches Befinden sich verschlechterte, zog sie im April 2020 in unser Pflegeheim nach Oberzell um. Der Abschied aus St. Ludwig fiel ihr nicht leicht. Lieber wäre sie gleich in den Himmel eingezogen.
Mit ihrer Heiterkeit, ihrem Wissen und ihrem herzhaften, schallenden Lachen war Schwester Edelhilde eine Bereicherung für alle. Leidenschaftlich sang sie alle Strophen deutscher Volkslieder auswendig mit. Zusammen mit Schwester Hernelda hörte sie jeden Tag im Zimmer über Radio Horeb vertraute religiöse Lieder und Gebete. Schwester Edelhilde liebte die Natur mit all ihren Geräuschen. Gerne saß sie draußen und lauschte den Stimmen der Vögel, genoss ein Gläschen guten Frankenwein oder ein kühles Bier zur Brotzeit. Nach einigen Monaten musste sie ihren Gehstock gegen einen Rollator austauschen.
Besuche aus St. Ludwig von ihren Mitschwestern und von ihrer Familie freuten sie sehr. Auch als ihre Kräfte nachließen und sie im Rollstuhl sitzen oder im Bett liegen musste, war sie stets gut gelaunt und gab mit einer kräftigen Stimme Antwort, wenn man sich mit ihr unterhielt. Ihr Wunsch, nicht alleine zu sein, wurde ihr erfüllt. Sie hörte immer und spürte, dass jemand bei ihr ist, der mit ihr betet und singt. Auch über ein österliches Halleluja einen Tag vor ihrem Tod hatte sie sich noch herzlich gefreut.
Schmerzfrei und friedlich schlief Schwester Edelhilde in den frühen Morgenstunden des 11. Mai beim Zwitschern der ersten Vögel ein und gab ihr Leben ihrem Schöpfer und Erlöser zurück. Ich stelle mir vor, dass beide dabei gelächelt haben.
Sr. Katharina Ganz