“Es müssen nicht Männer mit Flügel sein, die Engel.
Sie gehen leise, sie müssen nicht schrein,
oft sind sie alt und hässlich und klein, die Engel.

Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand, die Engel.
Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand,
oder wohnt neben dir, Wand an Wand, der Engel.

Dem Hungernden hat er das Brot gebracht, der Engel.
Dem Kranken hat er das Bett gemacht,
er hört, wenn du ihn rufst, in der Nacht, der Engel.”
Rudolf Otto Wiemer

Schwester Florina Seitz war in ihrem beruflichen Dasein für viele „ein Engel“.

Schwester Florina wurde am 20. Mai 1935 in Niedernberg (Landkreis Miltenberg), geboren und auf den Namen Elisabeth getauft. Sie wuchs mit zwei Schwestern und einem Bruder in einer landwirtschaftlichen Familie auf. Elisabeth besuchte von 1941 bis 1949 die Volksschule in Niedernberg und anschließend bis 1951 die landwirtschaftliche Berufsschule in Obernburg. Nach ihrer Schulentlassung fand sie Arbeit in einer Kleiderfabrik und war als Näherin in Sulzbach und Großostheim beschäftigt.

Schon als Mädchen hatte Elisabeth den Wunsch, in einen Orden einzutreten. In der Nähe ihrer Heimat, in Schimborn, hatte das Kloster Oberzell eine Niederlassung, wo Elisabeth unsere Schwestern kennenlernte und erste Kontakte knüpfte. Im März 1954 trat sie in unsere Gemeinschaft ein. Als Kandidatin besuchte sie von 1954 bis 1957 die Krankenpflegeschule im Juliusspital in Würzburg und beendete diese mit der staatlichen Prüfung als Krankenschwester.

Nach ihrer beruflichen Ausbildung folgte die klösterliche. Elisabeth wurde im Oktober 1957 ins Noviziat aufgenommen und eingekleidet. Sie erhielt den Ordensnamen Schwester Maria Florina. Nach dem zweijährigen Noviziat legte sie 1959 die Erstprofess für drei Jahre ab und 1962 die Profess auf Lebenszeit. Nach der Erstprofess wurde Sr. Florina in die Filiale nach Wiesenfeld versetzt. Dort pflegte sie als ambulante Krankenschwester von 1959 bis 1966 alte und kranke Menschen.

Tag und Nacht abrufbereit

Nach sieben Jahren wurde Sr. Florina 1966 nach Schimborn versetzt. Dort war sie 33 Jahre lang als Krankenschwester tätig und Tag und Nacht abrufbereit. Neben Schimborn gehörten auch die Gemeinden Königshofen und Daxberg zu ihrem Einsatzbereich. Sr. Florina wurde sehr geschätzt und hatte ein gutes Gespür für die Kranken, für die sie sicher ein „Engel ohne Flügel“ war.

Über die Jahre hatte sie zu vielen Menschen ein gutes Vertrauensverhältnis aufgebaut. Sr. Florina kümmerte sich nicht nur um die leiblichen Gebrechen, sondern half auch bei manchem „Herzeleid“, wie bei ihrem Abschied berichtet wurde. In Schimborn gehörte Sr. Florina viele Jahre zum Pfarrgemeinderat und hatte eine Beauftragung als Kommunionspenderin. In ihrer begrenzten, freien Zeit fertigte sie gerne Handarbeiten für die Tombola des Pfarr- und Kindergartenfestes. Von 1978 bis 1997 war Sr. Florina auch mit dem Amt der Konventsoberin in Schimborn betraut.

Nach über drei Jahrzehnten in Schimborn, in denen sich Sr. Florina beruflich verausgabt hatte, wurde sie 1999 nach Kirchschönbach versetzt. Dort machte sie sich im Haus nützlich und half besonders gerne in der Wäscherei und beim Bügeln. In der Krankenpflege half sie gelegentlich noch mit, musste aber nicht mehr die Verantwortung tragen.

Ihrer Familie war Sr. Florina lebenslang eng verbunden. Soweit es ihre Zeit zuließ, sorgte sie sich um ihre Eltern und ihren pflegebedürftigen Bruder. Ihre Kraft schöpfte sie aus ihrem Glauben und dem Gebet. Sr. Florina war willensstark und eine Frau, die für ihre Überzeugungen eingestanden ist. Immer wieder konnte man ihre Schlagfertigkeit und ihren Humor im Gespräch erleben. Sie war gerne in der Gemeinschaft, und das auch noch, als sie bereits schwer erkrankt war und von sich aus keinen Kontakt mehr zu Anderen herstellen konnte.

Mit dem Nachlassen ihrer körperlichen und geistigen Kraft zog sie 2017 im Alter von 82 Jahren ins Antoniushaus. Sie war nun zunehmend selbst auf Unterstützung und Pflege angewiesen. Am 5. Mai feierte sie noch ihr 65-jähriges Professjubiläum. An diesem Festtag war sie wie verwandelt: Sie war wach und froh und strahlte eine tiefe Zufriedenheit aus.

Am 9. August verstarb Sr. Florina unerwartet, aber ruhig und in großem Frieden.

Sr. Rut Gerlach