GARTEN-TALK UNTER KRÄUTEREXPERTINNEN

Sr. Leandra Ulsamer (91), Sr. Reingard Memmel (80) und Katharina Mantel (53) plaudern über ihren Kräutergarten

Was 1989 mit einer kleinen Ecke begann, ist heute mit rund 100 Heilkräutern und rund 200 Quadratmetern Fläche einer der größten und bekanntesten Klosterkräutergärten in Deutschland. Sr. Leandra Ulsamer hatte sich in ihrem Berufsleben als Erzieherin viele Jahre um traumatisierte Mädchen gekümmert und suchte einen Ausgleich. So erhielt sie 1989 neben dem Gemüsegarten eine kleine Fläche mit dem Auftrag, Kräuter für sich und ihre Mitschwestern anzupflanzen. 1998 wurde Katharina Mantel, damals Studentin der Pharmazie, auf den besonderen Kräutergarten aufmerksam und schloss sich Sr. Leandra an. 2019 übergab Sr. Leandra die Verantwortung aus Altersgründen an die Apothekerin, die auch Mitglied der Forschergruppe Klostermedizin ist. Sie führt den Garten im Sinne der Ordensfrau fort und wird dabei tatkräftig von Sr. Reingard Memmel sowie vielen Ehrenamtlichen unterstützt.

Mit welchen Pflanzen ist der Kräutergarten damals gestartet?

Sr. Leandra: Es begann alles mit einer kleinen Ecke mit Salbei, Pfefferminze, Zitronenmelisse und Lavendel. Ich trank gerne Tee und es kamen immer mehr Pflanzen hinzu. So wuchs er immer weiter, ich pflanzte Rosen und Baldrian, aber auch Himbeersträucher für Kinder, die zu Besuch waren. Mir war die Vielfalt und die Fülle an Pflanzen, Farben und Düften wichtig. Wenn es von Mai bis Oktober im Garten überall blaue, rote, lila und weiße Farbtupfer gab, war für mich die großartige Schöpfung sichtbar. Dass der Kräutergarten so groß wurde, ist nur den vielen Helfer*innen zu verdanken.

Eine ganz wichtige davon ist Katharina Mantel… Wie habt Ihr Euch kennen gelernt?

Sr. Leandra: Ich erinnere mich noch gut: Im Jahr 1998, da gab es den Garten schon fast zehn Jahre, saß eine junge Frau auf der Mauer und beobachtete mich neugierig. Ich bin dann mal zu ihr hin und sprach sie an. Sie erzählte, dass sie Studentin der Pharmazie sei und auf der Suche nach einem Ort, an dem sie mehr über Heilkräuter lernen könne. Ab diesem Zeitpunkt kam sie jede Woche. So lernte ich Katharina kennen.

Katharina Mantel: Ich habe viel von Dir in diesen Jahren gelernt. Dafür bin ich Dir dankbar, Sr. Leandra. Wie es auf einer der Schiefertafeln steht, ist es Dir gelungen, einen Nutz-, Meditations- und Lehrgarten zu schaffen. Ich wollte einfach alles über die Heilpflanzen lernen.

Wie kam die Zusammenarbeit mit der Forschergruppe Klostermedizin zustande?

Katharina Mantel: Dr. Johannes Mayer bot damals an der Uni ein Seminar zur Geschichte der Heilpflanzen an. Er hatte einige Bücher zur Klostermedizin geschrieben. Neben mir als Pharmaziestudentin nahmen noch zwei Medizinstudenten teil. Irgendwann erzählte er mir, dass er nach einem echten Klostergarten suchte und ich brachte ihn und Sr. Leandra zusammen. Ich erinnere mich noch gut: Wir kamen in die Bibliothek, für die Sr. Leandra damals auch verantwortlich war, und sie haben sich bei Kuchen und Kaffee gleich gut verstanden. Durch ihn wurden noch mehr Journalisten auf den Oberzeller Kräutergarten aufmerksam.

Sr. Leandra: Ich weiß noch, als ich in Berlin war, sprachen mich zwei Frauen an und sagten, sie hätten mich gestern im Fernsehen gesehen. Wir hatten ein nettes Gespräch und sie besuchten mich später auch mal im Klostergarten.

Wie schafft Ihr die Pflege des großen Gartens?

Sr. Leandra: Durch die TV-Termine und Zeitungsartikel kamen viele Besucher und einige fragten auch, ob sie helfen dürften. Auch bei besonderen Veranstaltungen wie Mariä Himmelfahrt wurden viele auf den Kräutergarten aufmerksam wie zum Beispiel Doris Klähn, die seit 1994 mithilft. Die Ehrenamtlichen kamen meist um 9 Uhr, dann wurde bis 12 Uhr im Garten gewerkelt und danach aßen wir zusammen. Ich erinnere mich noch an einen Vortrag von Dr. Mayer. Er bezog mich immer wieder mit ein. Danach kam eine Frau auf mich zu, die ab da jahrelang immer wieder mithalf.

Sr. Reingard: Es sind fast immer Frauen da, die gerade Kloster auf Zeit, Urlaub im Kloster oder Freiwilliges Ordensjahr machen – die wollen helfen und etwas lernen. Auch Geflüchtete, die bei uns leben, packen immer gerne mit an. Seit vier Jahren kommt jeden Sommer eine japanische Biologin von der Insel Hokkaido, um mitzuhelfen und mehr über europäische Kräuter zu lernen.

Katharina Mantel: Ohne die vielen Ehrenamtlichen würde es auch heute nicht gehen. Manchmal kommt nach einer Führung die Frage, ob man mitwirken könne. So haben wir heute einen festen Kreis an Ehrenamtlichen, die helfen, denen ich etwas erkläre, die zuschauen, wie ich unseren Klostertee mische, unsere Öle und Salben herstelle. Nach getaner Arbeit trinken wir im Garten meist Tee und essen Kuchen oder machen Brotzeit, das ist eine wunderbare Gemeinschaft!

Wieviel Zeit verbringt Ihr aktuell im Kräutergarten?

Katharina Mantel: Ich bin einmal die Woche da, bei besonderen Veranstaltungen wie Mariä Himmelfahrt auch häufiger.

Sr. Reingard: Ich kam 2015 helfend zum Kräutergarten dazu und Katharina und ich sind ein gutes Team geworden. Die Arbeit im Garten ist ein guter Ausgleich zum Pfortendienst, den ich damals nach meinem Berufsleben übernommen hatte. In der warmen Jahreszeit bin ich sehr viel im Garten, in der Erntezeit meist täglich.

Habt Ihr eine Lieblingspflanze?

Sr. Leandra: Ich mag den blauen Lavendel, der riecht so gut und mit seiner blauen Farbe zaubert er tolle Farbnuancen. Daher habe ich ihn bewusst um den Kräutergarten als Umrahmung gepflanzt. Ich bin immer sehr gerne gleich am Morgen in den Garten gegangen und in die Stille eingetaucht, habe die Vielfalt der Schöpfung genossen.

Sr. Reingard: Die Ringelblume mit ihrer schönen Farbe und ihrer heilsamen Wirkung ist mein Favorit. Aber auch die Zitronenmelisse und Verbene sollte jeder im Garten haben.

Katharina Mantel: Ein Lieblingskraut habe ich nicht. Ich finde, dass der Frauenmantel eine Heilpflanze ist, die unverzichtbar ist. Er passt in unser modernes Leben, ist entzündungshemmend und zellschützend. Man kann ihn ganz einfach als Tee trinken, indem man Blatt oder auch Blüte lange in heißem Wasser (nicht kochend) ziehen lässt, so dass die Gerbstoffe gut gelöst werden können.

Gibt es im Kräutergarten auch außergewöhnliche Pflanzen, die man eher nicht kennt?

Sr. Reingard: Da gibt es zum Beispiel Herzgespann, Chia, Artemisia annua, Heilziest, Breitblattkresse, Orangenminze oder auch gelben Salbei.

Wie seht Ihr die Herausforderungen der Trockenheit? Muss auch der Kräutergarten angepasst werden?

Katharina Mantel: Während Sr. Leandra früher noch jeden Tag die Pflanzen bewässerte, wenn es heiß war, gießen wir heute nur noch alle zwei bis drei Tage, dafür aber länger. Wir nutzen Regenwasser aus einer Tonne sowie Wasser aus der Zisterne und wir beschatten gezielt. Unsere Minze haben wir zum Beispiel unter den Halbschatten des Lindenbaums umgezogen, weil sie doch recht viel Wasser benötigt. Außerdem mulchen wir viel, so dass das Wasser weniger verdunstet. Bei neuen Pflanzen wählen wir gezielt solche aus, die weniger Wasser benötigen, wie griechischer Bergtee, die Artemisia annua oder die Agastachen.

Verratet Ihr uns Euer Lieblingsrezept?

Sr. Leandra: Ich mag am Liebsten die Ringelblumensalbe. Ich habe damals vom Sommer bis in den Oktober hinein die Ringelblumen geerntet und die Salben erstellt. Sie waren immer schnell vergriffen.

Sr. Reingard: Ich nehme sehr gerne das Johanniskrautöl für meine Gelenkprobleme. Wenn es kneift und zwickt, hilft mir das Öl gut.

Katharina Mantel: Ich mag alle Produkte gerne. Mein absolutes Lieblingsrezept ist Thymianpulver auf einem Honig-Knoblauch-Brot: Honig auf ein Butterbrot, dann einen frischen, zerquetschten Knoblauch verteilen und pulverisierten Thymian (getrocknete Thymianblüten zerreiben und durch ein Sieb) drauf, einfach ein Genuss! Mindestens genauso wertvoll ist für mich aber die Zeit, die ich hier verbringen darf: In einem Jahr hatte ich mal so viel Zitronenmelisse, dass ich mit einem großen Korb voll ins Antoniushaus ging, um zu fragen, wer mir helfen mag. Einige Schwestern sagten sofort ihre Hilfe zu: Wir saßen gemeinsam am Tisch, rupften sorgfältig die Blätter ab, die Schwestern sangen wundervolle Lieder, es duftete intensiv im Raum. Diese Augenblicke mit meinen „Kräuter“-Schwestern werde ich nie vergessen!