Silberjubiläen bedeuten, dass jemand vor 25 Jahren eine Entscheidung getroffen hat, voller Hoffnung, mit dem Gefühl, dass es richtig ist, mit Fragen, wie es sich wohl entwickeln wird. Mit diesen Worten leitete Dr. Andrea Qualbrink den Abschlussgedanken der Dialogpredigt ein, die sie gemeinsam mit Dr. Martina Kreidler-Kos zum Professjubiläum von Sr. Dr. Katharina Ganz, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, am 6. Januar in der Klosterkirche hielt. 25 Jahre später sei vielleicht einiges anders gelaufen als geplant, fuhr Andrea Qualbrink fort, „aber die Entscheidung hat getragen“.
Sr. Rut Gerlach, die als Generalvikarin die Begrüßung übernahm, schilderte zu Beginn des Gottesdienstes die bisherigen Stationen und Ämter der Jubilarin. Da das Professjubiläum auf den Dreikönigstag fiel, zog sie dabei einige Parallelen. Sr. Katharina habe vor 25 Jahren dem Stern ihrer Sehnsucht vertraut und sich durch ihre Profess an Gott und die Gemeinschaft gebunden. Nach ihrer Erstprofess 1999 führte sie ihr Weg ins Haus Antonia Werr, wo sie als Sozialpädagogin junge Frauen in prekären Lebenssituationen, darunter Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution, unterstützte und begleitete. Zudem übernahm sie die Rolle der Öffentlichkeitsbeauftragten der Gemeinschaft.
2004 wurde Sr. Katharina für ein Jahr freigestellt, um als Koordinatorin maßgeblich das 150-jährige Ordensjubiläum unter dem Motto „Oberzell alternativ“ vorzubereiten. Nach dieser Aufgabe übernahm Sr. Katharina die Leitung von Haus Klara, dem Bildungs- und Tagungshaus der Kongregation, inklusive der damit verbundenen Generalsanierung des Hauses. 2007 wählte die Gemeinschaft Sr. Katharina als Rätin in die Generalleitung. Ein Jahr später begann sie ihre Promotion, und seit 2013 ist sie mit dem Amt der Generaloberin betraut. Diese Verantwortung habe sowohl Erfolge als auch Herausforderungen mit sich gebracht, so Sr. Rut.
Die zurückliegenden 25 Jahre beschrieb sie als eine Mischung aus Erfolgen und Herausforderungen. Sr. Katharina habe „Wüsten“ durchquert, um ausgetretene Mitschwestern getrauert und die Grenzen der Schwesterngemeinschaft aufgrund des Alters und fehlender, jüngerer Mitglieder erlebt. In Kirche und Gesellschaft vertrete sie Positionen, die Unverständnis und teilweise Anfeindungen mit sich bringen.
Sr. Rut beendete ihre Ansprache mit Dankbarkeit: „Der Stern war bei dir, führte Dich auf Wegen, Umwegen und Irrwegen. Heute schauen wir mit dir dankbar auf diese zurückliegenden 25 Jahre und bitten, dass deine Sehnsucht dich immer wieder an den Ort führt, an dem Gott sich von dir finden lassen will.“
Die Leitung der Eucharistiefeier übernahm der Provinzial der deutschen Franziskaner, Bruder Markus Fuhrmann aus München, Koncelebrant war Oberstudienrat und Hausgeistlicher Achim Wenzel. Die musikalische Gestaltung lag in den Händen von Thomas Labert an der Orgel, Cornelia Walter an der Geige und Ivo Bles am Cello. Zahlreiche Gäste, darunter Familie, Verwandte und Freunde von Sr. Katharina sowie viele Mitarbeitende der Kongregation, waren gekommen, um das Jubiläum mitzufeiern.
Vom Evangeliumstext des Dreikönigstages ließen sich auch Dr. Martina Kreidler-Kos (Osnabrück) und Dr. Andrea Qualbrink (Münster) – beide Theologinnen und Weggefährtinnen von Sr. Katharina – in ihrer Dialogpredigt leiten. Sie nahmen die Sterndeuter im Evangelium als Beispiel, wie Gott auf unterschiedliche Arten Menschen ruft und sie betonten die Vielfalt der Wege, auf die Menschen antworten. Die Sterndeuter würden nicht lange fackeln, so Andrea Qualbrink. „Sie sehen den Stern, packen ihre Sachen und ihre Geschenke ein und machen sich auf den Weg.“ Diese Haltung würde sie auch von Sr. Katharina kennen, fuhr die Theologin fort. „Du hast Ideen und setzt sie um. Du magst und kannst Entscheidungen treffen. Du hast Lust, Welt und Kirche zu gestalten. Du verstehst, wann es wichtig ist, dass Du da bist. Und dann packst Du Deine Sachen und nicht selten auch Geschenke ein und machst Dich auf den Weg.“ Sr. Katharina sei eine mutige Sucherin, die konsequent handele. Solche entschiedenen Sucher könnten durchaus auch Unruhe in ihrem Umfeld auslösen. Wieder dienten die Sterndeuter als Beispiel: Ihre Suche habe nicht nur für sie selbst, sondern auch für andere Konsequenzen.
Martina Kreidler-Kos ging auch auf die kostbaren Geschenke ein: „Es ist eine schöne Vorstellung, dass wir, die wir Gott suchen, auch etwas zur Begegnung beitragen können.“ Die Sterndeuter und Gottsucherinnen seien oft genau die, die im entscheidenden Moment furchtlos anders agieren könnten. Sie könnten eben auch Pläne durchkreuzen – „weil sie ihrer Verbindung zu Gott mehr trauen als allen irdischen Anweisungen“. Hierfür habe sich Sr. Katharina genau die richtigen Patrone – den heiligen Franz und die heilige Klara von Assisi – sowie die richtige Fürsprecherin – Antonia Werr – ausgesucht. „Die konnten das alle gut! Bei aller bereitwilligen Freundlichkeit, Kooperationsbereitschaft und Vermittlungskunst, die wir als Christinnen und Christen in dieser Kirche an den Tag legen, bei aller Liebe, so möchte ich sagen: Manchmal ist es gut, anders zu handeln.“
Vor 25 Jahren habe sie also ihre Entscheidung für das Leben als Ordensfrau bei den Oberzeller Franziskanerinnen getroffen, schloss Andrea Qualbrink die Predigt. „Und Deine Entscheidung hat getragen – sicherlich nicht ohne Anfechtungen, aber sie hat getragen.“ Sr. Katharina sei ihren Weg gegangen, gemeinsam mit vielen Menschen, ausgerichtet an ihren Fragen und an ihrem Glauben. „Dass Du diesen Weg bis hierher so gegangen bist, dafür hast du eine Menge getan. Dafür haben andere vieles dazugetan. Der Rest ist Geschenk von der, die uns trägt.“