Arm in Arm schunkeln die Frauen zur Musik, unterhalten sich, lachen – eine kleine Auszeit von den Sorgen des Alltags, auch wenn diese sicher nie ganz verschwinden. Denn unbeschwerte Momente waren im Leben der Frauen, die im Haus Antonia Werr oder im Wohnverbund Berscheba leben, in ihrem bisherigen Leben rar. Mit ihrem jährlichen Sommerfest versuchen die Mitarbeiterinnen des Fachbereichs Frauen der Oberzeller Franziskanerinnen den Bewohnerinnen ihrer Einrichtungen entspannte Stunden zu bereiten. So genossen auch am 4. Juli Bewohnerinnen, Mitarbeiterinnen und Generalleitung einen schönen Sommerabend mit leckerem Essen, kühlen Getränken, fröhlichen Liedern und mit mancher Überraschung.
Das Vorbereitungsteam hatte sich zum Beispiel ein Spiel überlegt: Inspiriert von der Fernsehshow „Der große Preis“ gab es knifflige Fragen, unterteilt in die Kategorien Wunder, Klug, Schmetterling und Pläne: Was ist das spezielle an Schmetterlingsflügeln? Wie viele Haltestellen gibt es an der längsten Straßenbahnlinie in Würzburg? Oder: Wer ist gemessen an seiner Größe der schnellste Läufer im Tierreich? Eifrig rätselten die Gäste um die richtigen Antworten, den „großen Preis“ (eine „Wundertüte“ mit Süßigkeiten) bekam am Ende natürlich jede.
Premiere: Antonia-Werr-Preis für Karola Herbert
Eine weitere Überraschung hatte Generaloberin Sr. Katharina Ganz vorbereitet, um Karola Herbert (Leiterin des Fachbereichs) noch einmal zu würdigen, die Ende Juni in München den Ellen Ammann Preis bekommen hatte. Mit einem kabarettistischen Auftritt in feinstem fränkischen Dialekt erzählte sie von der Reise in die Landeshauptstadt und von der Preisverleihung. Sie kam letztlich zu dem Schluss, dass Karola Herbert unbedingt auch einen Würzburger Preis braucht und überreichte ihr den ersten „Antonia-Werr-Preis“ samt Urkunde, handgemachtem Stoffpüppchen und Blumenstrauß.
Ute Berger, Leiterin des Wohnverbundes Berscheba, richtete einige Worte an die Frauen, die in den Einrichtungen begleitet werden. „Sei klug, zerreiß deine Pläne und halte dich an Wunder“, zitierte sie aus einem Gedicht von Mascha Kaleko. Als Kind jüdischer Eltern habe die Autorin vieles erleiden müssen, ihr ganzes Leben sei von Heimatlosigkeit geprägt gewesen, erzählte Ute Berger. „Pläne zerreißen und klug sein – das musste Mascha häufig in ihrem Leben. Sie hielt sich an Wunder: Ihre Hoffnung und Zuversicht haben sie getragen und weiterleben lassen, mutig und couragiert.“ Als die Frauen vom Vorbereitungsteam das Gedicht von Mascha Kaleko hörten, sei ihnen ein kleines Tier in ihren Sinn gekommen, dessen Leben genau dazu passe: der Schmetterling, so Ute Berger weiter.
Das Leben eines Schmetterlings beginne in einem klitzekleinen Ei, aus dem irgendwann eine Raupe schlüpfe. Sie sind klein, leben versteckt und haben nichts anderes im Sinn als zu fressen. „Eine Raupe futtert solange, bis sie aus ihrer Haut platzt. Dann streift sie die alte Hülle ab und futtert weiter, bis ihr auch die nachgewachsene Haut zu eng wird.“ So gehe das vier- bis fünfmal und die Raupe werde dabei immer größer. Schließlich verwandle sich das Tierchen in eine Puppe und letztlich in einen zarten Schmetterling. „Zerreiß deine Pläne und halte dich an Wunder – die Raupe vertraut auf das Wunder des Lebens“, erklärte Ute Berger den Zusammenhang. Enge und Dunkelheit im Kokon oder in der Puppenhaut blieben der Raupe dabei nicht erspart. Wunder bedeute, dass die Wandlung und das Werden möglich sind.
„Das Leben hat vielen von Euch Schwieriges zugemutet“, wandte sich die Einrichtungsleiterin an die Frauen. „Und viele von Euch könnten vermutlich Geschichten erzählen, wie viel Mut und Kraft es braucht, alte Pläne aufzugeben und immer wieder neu anzufangen. Wir Sozialpädagoginnen hören immer wieder Eure Wunder-Geschichten, sind berührt und bewegt, werden dankbar und oftmals auch ganz ehrfürchtig über euren Mut, euch an Wunder zu halten.“
Schmetterlinge seien ein Sinnbild für Hoffnung und Wunder. Daher sei es kein Wunder, dass diese kleinen Flügeltiere auch Sr. Katharina besonders ans Herz gewachsen sind, betonte Ute Berger und überreichte der Generaloberin ein Mobile mit vielen kleinen bunten Origami-Schmetterlingen. Eine Bewohnerin habe es in ihren ersten Wochen im Haus Antonia Werr gebastelt.
„Ein kleiner Dank an Dich und an unsere Trägerin, Euch Oberzeller Franziskanerinnen, die ihr uns im Fachbereich mit so vielem unterstützt, so dass für Bewohnerinnen und uns Mitarbeiterinnen Wunder-Räume und Wunder-Hoffnung entstehen können.“