Sie wirkten als Lehrerin, Bilanzbuchhalterin, Erzieherin und Krankenschwester: Die Oberzeller Franziskanerinnen, die am 13. Mai in der Klosterkirche St. Michael ihr Professjubiläum feierten, haben alle ein arbeitsreiches Berufsleben hinter sich. Schwester Walgunde Dorsch legte ihr Gelübde vor 70 Jahren ab und beging damit ihr gnadenvolles Jubiläum. Die Schwestern Alexandra Gambietz, Basildis Röder, Gerwigis Brosig, Trudhild Hennrich und Veridiana Dürr feierten nach 60 Jahren ihre diamantene Profess. Die Jubiläumsfeier wurde mit Gästen aus den Heimat- und Wirkungsorten der Frauen begangen. Zelebranten waren Ordensreferent und Domkapitular Dietrich Seidel, Dekan Paul Julian aus Waldbüttelbrunn sowie die Hausgeistlichen Pfarrer Gerold Postler und Oberstudienrat Achim Wenzel. Der Würzburger Kirchenmusiker Rudolf Haidu (Orgel) und Schwester Regina Grehl (Gesang) begleiteten den Gottesdienst musikalisch.
Die Jubilarinnen seien vor oder während des Zweiten Weltkrieges aufgewachsen und sehr jung ins Kloster eingetreten, erzählte Generaloberin Sr. Dr. Katharina Ganz. „Die Schrecken des Krieges in eurer Kindheit habt ihr nie vergessen.“ Es sei durchaus nicht immer leicht gewesen, das Noviziat war damals noch recht streng. „Gebet, Pünktlichkeit und Ordnung halfen den Einen und gaben Struktur. Andere waren froh, als Krankenschwester, Gemeindereferentin oder Lehrerin ihre Begabungen ausleben und für andere Menschen da sein zu können.“ Die Generaloberin schilderte den Lebensweg jeder Jubilarin.
Über 50 Jahre in Amerika im Einsatz
Schwester Walgunde Dorsch (90) wuchs in Unterbrunn im Landkreis Staffelstein in Oberfranken auf und wählte schon mit 15 Jahren das Leben bei den Oberzeller Schwestern. Mehr als ein halbes Jahrhundert lang war sie in der Region in Amerika eingesetzt als Wäscheschneiderin und Krankenschwester, in der Säuglingspflege und Sorge um geistig Behinderte oder unehelich schwangere Frauen und junge Mütter. 2009 kam sie zurück nach Deutschland, lebte zunächst im Franziskushaus und seit 2021 im Antoniushaus, dem Alten- und Pflegeheim der Oberzeller Franziskanerinnen.
Schwester Alexandra Gambietz (84) stammt aus Radzionkau in Schlesien. Mit 19 Jahren kam sie nach Oberzell. Sie hatte als Gemeindereferentin, Religionslehrerin und Generalrätin ihre Bibelkenntnisse vertieft und gibt diese bis heute weiter. Sr. Alexandra lebt im Konvent Nazareth in der Würzburger Innenstadt und steht immer noch gerne im Kontakt mit Menschen, zum Beispiel bei ihrem Dienst an der Klosterpforte. Als Generalrätin trug sie in zwei Amtszeiten die Entwicklung der Kongregation mit.
Schwester Basildis Röder (81) ist in Rottershausen im Landkreis Bad Kissingen groß geworden und mit jungen 16 Jahren ins Kloster eingetreten. Die Generaloberin verriet, dass Sr. Basildis gerne als Kindergärtnerin gearbeitet hätte, dann aber in die Verwaltung geschickt wurde, wo sie zur Bilanzbuchhalterin ausgebildet jahrzehntelang für die beweglichen und unbeweglichen Güter der Kongregation zuständig war. Sie hat als Ökonomin dazu beigetragen, dass die an Mitteln arme Gemeinschaft in die Häuser investieren und Rücklagen bilden konnte – nicht zuletzt für die Altersversorgung und die Zukunftsfähigkeit der Einrichtungen. Sr. Basildis lebt im Mutterhaus und arbeitet bis heute in der Verwaltung der Kongregation.
Schwester Gerwigis Brosig (88) aus Groß-Kunzendorf Schlesien kam mit 25 Jahren ins Kloster Oberzell. Sie habe sich als Krankenschwester in Kutzenberg, im Juliusspital und im Annaheim ausgetobt, so die Generaloberin. Als Oberin war Sr. Gerwigis für die Schwestern im Franziskushaus da. Innerlich jung geblieben sei sie sogar im Alter noch einmal in den Formationskonvent umgezogen. Sie lebt heute im Konvent Magdala und betreut Gäste sowie die Priester im Mutterhaus.
Schwester Trudhild Hennrich (82) wuchs in Seckmauern im Odenwaldkreis auf. Sie war 17 Jahre alt als sie sich für den Klostereintritt entschied. Sr. Trudhild sei in den 60 Jahren ihres Ordensleben oft versetzt worden, berichtete Sr. Katharina. Sr. Trudhild war als Erzieherin in den Kindergärten von Schnaittach und Oberschwarzach tätig, in Schimborn auch als Leiterin. Ihr kam zugute, dass sie schon zuhause gerne sang und musizierte und, dass sie offen war für neue Herausforderungen, zuletzt noch im Antoniushaus und im Bildungshaus Klara, wo sie bis heute kleine Dienste übernimmt.
Schwester Veridiana Dürr (84) ist in Freischweibach im Landkreis Amberg-Sulzbach groß geworden. Sie trat den Oberzeller Franziskanerinnen schon mit 14 Jahren bei und ging ihren missionarischen Impulsen nach entsprechender Ausbildung zunächst als Fach- und Berufsschullehrerin nach. Ab 1989 war sie erst zwölf Jahre Generalvikarin unter Sr. Reginarda Holzer, anschließend weitere zwölf Jahre Generaloberin der Kongregation. „Du hast dieses Amt geistlich gefüllt, Verantwortung übernommen, Feste und Jubiläen gestaltet, aber auch die Last des Amtes samt Ärger, Sorgen und einsamen Stunden erlebt“, so Sr. Katharina Ganz. Heute lebt Sr. Veridiana im Konvent Nazareth in der Würzburger Innenstadt und engagiert sich seelsorgerisch in diesem Umfeld.
Gespannt wie ein Flitzebogen
Oberstudienrat und Hausgeistlicher Achim Wenzel erzählte, dass eine der Jubilarinnen ihm in den vergangenen Tagen gesagt hätte, sie sei auf seine Predigt „gespannt wie ein Flitzebogen“. Das nutzte er als roten Faden für seine Ansprache: Er hoffe, dass die Schwestern erfüllte Jahre hatten und fragte: „Waren es auch spannende Jahre für Sie? Spannend wie ein Flitzebogen?“ Er denke bei dem Satz an die vielen Einsatzorte, in denen die Jubilarinnen kraftvoll und segensreich, aber manchmal sicher auch unter nervlicher Anspannung wirkten. Im Ordensleben gebe es sowohl angespannte als auch entspannte Phasen, so Achim Wenzel weiter. Und er wisse, „dass der Ruhestand für eine immer aktive und oft unter Anspannung stehende Oberzeller Franziskanerin nicht einfach ist“, besonders wenn er mit der Versetzung an einen ruhigeren Ort verbunden sei. Am Anfang würden die Menschen fehlen, für die man jahrelang da war: die Kranken, die Kinder und Schülerinnen und auch die Mitschwestern, für die man Verantwortung hatte. So gab er den Jubilarinnen für ihre gegenwärtige Lebensphase einen Rat des chinesischen Philosophen Laotse mit: „Den Bogen zu überspannen bringt keinen Nutzen… Sich zurückzuziehen, wenn das Werk vollbracht, ist des Himmels Weg und Ziel.“