Gottesdienst und Waldwanderung: Der 8. September stand im Kloster Oberzell ganz im Zeichen der Schöpfung. Unter dem Motto „Lass jubeln alle Bäume des Waldes“ (Ps 96,12) begann der Tag mit einem festlichen Gottesdienst, von Sr. Beate Krug (Nachhaltigkeitsbeauftragte der Oberzeller Franziskanerinnen) vorbereitet und vom Hausgeistlichen Achim Wenzel zelebriert. Sr. Juliana Seelmann sorgte als Organistin für die musikalische Begleitung. Am Nachmittag leiteten Sr. Beate und Naturpädagogin Michaela Landauer die Veranstaltung „Mit Bibel und Rucksack unterwegs“.
Sr. Beate eröffnete den Gottesdienst mit herzlichen Worten und einer eindringlichen Botschaft: „Lass jubeln alle Bäume des Waldes“ sei nicht nur ein schöner Vers aus der Bibel, sondern eine Aufforderung an uns alle, uns aktiv für die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen. Sie erinnerte daran, dass unsere Wälder, die so wichtige Funktionen für das Ökosystem erfüllen, stark unter dem Klimawandel leiden. Dürre, Trockenheit und Stürme setzten den Bäumen und ihren Bewohnern zu. Wir müssten alle dazu beitragen, dass die Wälder eines Tages wieder jubeln können.
In ihrer Ansprache griff Sr. Beate den biblischen Bericht der Heilung eines Tauben auf und stellte die Frage: „Von wem oder was lasse ich mich berühren?“ Sie rief dazu auf, sich von den aktuellen Nöten der Welt – seien es Kriege, Umweltkatastrophen oder das Leid der Schöpfung – berühren zu lassen und nicht gleichgültig zu bleiben. Doch genauso sei es wichtig, sich von positiven Dingen wie dem Lachen eines Kindes oder dem Rauschen des Windes in den Bäumen berühren zu lassen. „Nur wenn wir uns berühren lassen, können wir uns für eine gerechtere und bessere Welt einsetzen“, betonte sie.
Zeit für innere Einkehr in der Natur
Bei der spirituellen Wanderung am Nachmittag durch den Schwarzkiefernwald über Leinach erfuhren die Teilnehmer:innen, wie eng die Botschaften der Bibel mit der Schöpfung verknüpft sind. Bei diesem 250 Hektar großen Wald handelt es sich um den größten zusammenhängenden Schwarzkiefern-Bestand in Deutschland.
Die Wanderung war nicht nur eine Gelegenheit, die Biodiversität des Waldes zu erleben, sondern auch eine Reise zu sich selbst und zu Gott. Sr. Beate und Michaela Landauer führten die Gruppe mit verschiedenen Impulsen zur Schöpfungsspiritualität und naturpädagogischen Elementen. Immer wieder wurde die Verbindung von Natur und Glaube greifbar – etwa in einer Körperübung, bei der die Teilnehmer:innen sich mit der Erde verbunden fühlten und sich symbolisch für Gottes Gegenwart öffneten.
Der Aufenthalt im Wald zeigte, wie wohltuend die Natur auf Körper, Geist und Seele wirkt – etwas, das auch in wissenschaftlichen Studien längst bewiesen ist. Zum Abschluss der Zeit im Wald gab es einen sogenannten Schwellengang, bei dem die Teilnehmer:innen bewusst über eine symbolische Schwelle zurückkehrten. Mit einem oder zwei Worten im Herzen – wie „dankbar“, „bereichert“, „zufrieden“ oder „versöhnt“ – gingen sie gestärkt und inspiriert aus der Begegnung mit der Natur hervor.
Die Veranstaltung endete mit einer Gebetszeit, die aufgrund des einsetzenden Regens in der St. Michaelskapelle im Kloster stattfand. Hier gab es Gelegenheit, die Zeit in der Natur nochmals nachklingen zu lassen und das Erlebte zu verinnerlichen. Mit einem gemeinsamen Segenstanz wurde der Tag abgerundet.
Spenden für zwölf neue Bäume im Spessart
Der gesamte Tag fand auf Spendenbasis statt, die Kollekte und die Einnahmen aus der Veranstaltung kommen dem Bergwaldprojekt Würzburg zugute. Das Bergwaldprojekt setzt sich seit 1987 für den Schutz, die Erhaltung und die Wiederherstellung von Ökosystemen, insbesodere Wäldern, ein. Mit der Spende werden zwölf standortheimische Bäume wie Traubeneiche, Winterlinde oder Schwarzerle im Spessart gepflanzt. Durch die Pflanzung wird die Vielfalt und damit die Widerstandsfähigkeit des Ökosystems erhöht – ein wichtiger Schritt, um die Wälder der Region für kommende Generationen zu bewahren.
Der Schöpfungstag im Kloster Oberzell war eine gelungene Mischung aus Spiritualität, Naturverbundenheit und dem Aufruf zu aktivem Engagement. Die Teilnehmer:innen gingen inspiriert und bereichert nach Hause – erfüllt von der Botschaft, dass jede:r von uns einen Beitrag dazu leisten kann, dass die Bäume des Waldes und die gesamte Schöpfung eines Tages wieder jubeln können.
Öffne meine Augen, Gott,
deine Herrlichkeit in der Vielfalt von Pflanzen und Blumen zu sehen.
Öffne meine Ohren, Gott,
deine Stimme im Vogelgesang und im Rauschen der Blätter zu hören.
Öffne mein Herz, Gott,
deine Liebe in der Fülle von Früchten und Samen zu erahnen.
Öffne meine Hände, Gott,
deine Schöpfung zu pflegen und zu bewahren.
Öffne mein Leben, Gott,
und mach mich fähig, dich in allem zu erkennen.
(Gebet von Andrea Rehn-Laryea aus dem Gotteslob, Nr. 19,3)