Nachruf: Der Name Franziskus als Programm

Sr. Katharina legte bei der Audienz der Generaloberinnen Papst Franziskus am 10. Mai 2019 ans Herz, die Frauenordination erneut zu prüfen. Foto: Vatican News

Am Ostermontag 2025 hat Papst Franziskus das Zeitliche gesegnet. So sagt der Volksmund, wenn ein Mensch stirbt. Bei Papst Franziskus trifft es in doppelter Hinsicht zu: Am Ostersonntag hat er mit brüchiger Stimme noch einmal die Stadt und den Erdkreis gesegnet. Damit wurde er seinem Namenspatron auch in seinem Sterben ähnlich. Denn Franz von Assisi drehte sich auf seinem letzten Weg hinunter in die Ebene noch einmal auf der Tragbahre um, segnete seine Heimatstadt und seine Gefährten, bevor er unten bei dem kleinen Kapellchen Portiunkula starb.

Im Gedenkgottesdienst am 27. April 2025 in der Klosterkirche hielt Sr. Katharina in ihrer Predigt einen ganz persönlichen Nachruf auf Papst Franziskus. Mit seinem Tod verliere die Weltkirche einen Seelsorger, der Türen geöffnet, Brücken gebaut und die Ränder der Gesellschaft in den Mittelpunkt gerückt hat. Sr. Katharina erinnerte in ihrer Predigt an einen Papst, der Bescheidenheit lebte, Barmherzigkeit verkörperte und sich unermüdlich für Frieden, Gerechtigkeit und soziale Freundschaft einsetzte. Ihre vollständige Predigt können Sie hier im Wortlaut nachlesen: Predigt vom 27. April 2025.

Franz von Assisi wollte evangeliumsgemäß leben, radikal arm und geschwisterlich. Glaubwürdig gelang dem gleichnamigen Papst die vorrangige Option für die Armen. Konsequent nahm er die Perspektive des globalen Südens ein, prangerte Ausbeutung und Gleichgültigkeit gegenüber Migranten an. Hier war er eine mahnende Stimme für die gesamte Christenheit. Leider dauerte es lange, bis er zur selben Parteinahme für Betroffene sexualisierter Gewalt in der Kirche gelangte und systemische Ursachen anerkannte.

Papst Franziskus nannte sich Bischof von Rom und Patriarch des Westens – ein wichtiger Schritt für die christliche Ökumene. Innerkirchlich blieb er absolutistischer Monarch einer pyramidal verfassten Hierarchie. Von Strukturen demokratischer Mitbestimmung, wie sie in der franziskanischen Familie konstitutiv ist, blieb das Pontifikat weit entfernt. Gleichzeitig stieß Papst Franziskus einen weltweiten synodalen Prozess an. Mit der Übernahme des Schlussdokumentes der Weltsynode wirkten nicht geweihte Männer und Frauen mit am ordentlichen Lehramt des Papstes. Damit machte der Papst deutlich, dass zukünftig alle Getauften und Gefirmten in die Entscheidungen der Kirche einzubeziehen sind. Vor wenigen Wochen erst hat er für 2028 die Einberufung einer Kirchenversammlung nach südamerikanischem Vorbild angeordnet.

Die Lehrschreiben „Laudato Si“ und „Fratelli tutti“ mit der Sorge für die Schöpfung als gemeinsames Haus und die Vision einer globalen Geschwisterlichkeit atmen den Geist Franz‘ von Assisis, der sich an alle Gläubigen und Menschen guten Willens wandte, den Lenkern der Völker ins Gewissen redete und den Dialog mit Muslimen pflegte. In seinem Menschen- und Kirchenbild blieb der Papst gefangen in veralteten Geschlechterstereotypen, während sein Namensgeber spielerisch Geschlechtergrenzen überwand. Gleichwohl hat Papst Franziskus mehr Frauen in kirchliche Leitungspositionen gebracht als seine Vorgänger. Mit der Kurienreform ermöglichte er, dass auch Laien die Leitung von Dikasterien übernehmen. Den Zugang zum Weiheamt hat er nicht ermöglicht, aber immerhin erklärt, dass die Frage offen ist.

Wenige Monate vor seinem Tod hat Franz von Assisi vor 800 Jahren seinem berühmten Sonnengesang noch zwei Strophen hinzugefügt: Die eine, mit der er Bischof und Bürgermeister von Assisi zur Versöhnung aufrief und eine letzte, mit der er den Tod zärtlich Schwester nannte. Auch dieses Vermächtnis hinterlässt Papst Franziskus der Welt und der Kirche: Den Aufruf zum Frieden, zur Versöhnung und zur globalen Geschwisterlichkeit.

Sr. Dr. Katharina Ganz