Zwei Ordensfrauen der Oberzeller Franziskanerinnen nahmen am 5. Juli 1928 ihren Dienst in Niedernberg auf: Eine leitete die Kleinkinderbewahranstalt, die andere gab Handarbeitsunterricht. In den darauf folgenden 90 Jahren kamen bis heute 30 weitere Schwestern, die ihr Leben den Menschen widmeten und einen ganzen Ort prägten.
Die Leitung des Kindergartens hat der Orden vor 15 Jahren abgegeben, die Schwesternstation blieb bestehen. Es ist der letzte deutsche Konvent der Oberzeller Franziskanerinnen außerhalb von Würzburg und Oberzell, wo das Mutterhaus beheimatet ist. Das 90-jährige Bestehen von Schwesternstation und Kindergarten Sankt Cyriakus wird am 7. und 8. Juli, in Niedernberg gefeiert.
Engagement in Kriegszeiten
In den handschriftlichen Aufzeichnungen der Schwestern lässt sich die Entstehungsgeschichte nachlesen. Wesentliche Verdienste sind demnach dem damaligen Pfarrer Josef Peter Seubert zuzuschreiben, der von 1895 bis 1938 in Niedernberg wirkte. Während des Ersten Weltkriegs (1914 bis 1918), so heißt es in der Chronik, machte sich das Fehlen einer Kleinkinderbewahranstalt besonders bemerkbar: Die meisten Väter standen im Felde und den Frauen und Mädchen war die ganze Feldarbeit aufgebürdet.
Pfarrer Seubert ließ in der »Alten Schule« einen Kindersaal einrichten, die Betreuung der Kleinen übernahm eine Krankenschwester. Obwohl es nur ein Provisorium war, war die Pfarrgemeinde dankbar und wünschte sich eine Kleinkinderbewahranstalt, wie sie in manch umliegenden Gemeinden bereits existierte – doch fehlte das nötige Geld.
Der Pfarrer behielt das Ziel im Auge. Er kaufte ein Haus, um es später für eine Anstalt umzubauen. Um ein Darlehen zu bekommen, verpfändeten er und die Schwestern alle ihre Ersparnisse. 1918 gründete Seubert die Ludwig-Maria-Theresien-Stiftung, bis heute Träger des Kindergartens (Vorsitz: Pfarrer Ernst Haas). Zum geplanten Umbau kam es allerdings nicht, fehlte es doch wieder an den finanziellen Mitteln.
1926 brachte die Niedernberger Witwe Margarete Flügel den Stein ins Rollen: Sie schenkte der Stiftung ihr Anwesen und stellte klare Bedingungen: Auf dem Grundstück durfte nur eine Kleinkinderbewahranstalt und weibliche Handarbeitsschule entstehen, sie selbst wollte mit den Schwestern ihren Lebensabend verbringen und nach ihrem Tod sollte die Anstalt unentgeltlich in Besitz der Stiftung übergehen.
Anja Mayer
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