Der Synodale Weg geht voran: Am Freitag tagen Regionenkonferenzen. Schwester Katharina Ganz von den Oberzeller Franziskanerinnen diskutiert über “Frauen in der Kirche”.
An diesem Freitag gibt es bundesweit zeitgleich fünf Regionenkonferenzen des Synodalen Wegs. Schwester Katharina Ganz, Generaloberin der Oberzeller Franziskanerinnen, ist in München dabei. Sie gehört zum Forum “Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche” und freut sich über den direkten Kontakt, der ihr bei den vorbereitenden digitalen Forumsdiskussionen gefehlt hat. “Auch die informellen Gespräche am Rande sind wichtig”, sagt Ganz, die sich aktiv für die Gleichberechtigung von Frauen in der katholischen Kirche und für die Zulassung von Frauen zum Weiheamt einsetzt.
Katharina Ganz stammt aus Willanzheim (Lkr. Kitzingen). 1995 trat sie im Kloster Oberzell ein und legte 2002 die ewige Profess ab. Sie studierte in Würzburg Katholische Theologie sowie Sozialwesen. 2013 wurde sie erstmals zur Generaloberin gewählt. 2016 promovierte sie mit einer pastoraltheologischen Arbeit über Antonia Werr.
Frage: Beim Synodalen Weg diskutieren Kleriker und Laien gemeinsam. Wie weit liegen im Forum die Meinungen auseinander?
Schwester Katharina Ganz: In unserem Forum gibt es auch Personen, die konservative Positionen vertreten und für den Erhalt der heute gültigen Lehre sind. Gut finde ich, dass alle Meinungen zur Sprache kommen. Ich bin sogar dankbar und froh, dass wir eine heterogene Zusammensetzung des Forums haben. Es würde überhaupt nichts nützen, wenn wir eine homogene Gruppe von feministischen Theologinnen wären, die alle mehr Frauen in Diensten und Ämtern haben wollen. Es ist wichtig, dass wir die Fragestellungen aus allen möglichen Richtungen angehen.
Geht es beim Thema “Frauen” ausschließlich um die Weihe?
Ganz: Wir sind uns einig im Forum, dass unsere Themenstellung mehr umfasst als nur die Frage der Teilhabe von Frauen am sakramentalen Amt. Deshalb haben wir drei Untergruppen gebildet. Eine Gruppe erarbeitet, was kirchenrechtlich bereits möglich ist, um Frauen generell mehr Leitungsverantwortung und Mitsprache zu geben, etwa in Bereichen wie Verkündigung, Diakonie, Liturgie, Communio sowie wie die Berufung von Frauen auf Lehrstühle katholisch-theologischer Fakultäten. Dazu wurde bereits ein Arbeitstext erstellt, der nun auf den Regionenkonferenzen vorgestellt wird. Die zweite Gruppe arbeitet über Geschlechteranthropologie, also die Lehre vom Menschsein und der Ausfaltung in den Geschlechtern. Hier sind wir noch in der Sammlungsphase, wobei schon sehr viele Dokumente in die gemeinsame digitale Cloud eingestellt worden sind – auch Doktorarbeiten und andere hochtheologische Abhandlungen. Das macht die Debatte nicht einfach. Der dritte Komplex dreht sich um die Frauenordination
Im Arbeitstext fordert das Forum mehr Präsenz von Frauen in der Priesterausbildung. Aber noch nicht konkret die Weihe.
Ganz: Generell fordere ich, dass mehr Frauen ihre Kompetenzen an entscheidenden Positionen in der katholischen Kirche einbringen und ihre Berufungen leben können. Beim Thema “Frauenweihe” sind wir uns allerdings im Forum einig: Es ist das schwierigste.
Wie nähert sich das Forum diesem schwierigen Thema?
Ganz: Laut Vatikan fühlt sich die Kirche – in Treue zu Jesus Christus – nicht bevollmächtigt, Frauen zu weihen. Doch zu Recht fragen Theologinnen und Theologen in unserem Forum: Kann guten Gewissens behauptet werden, dass Jesus sich diesbezüglich überhaupt festgelegt hat? Ist der Ausschluss von Frauen vom Weiheamt wirklich unveränderlich? Und kann göttliches Recht, das ja wie das kirchliche Recht von Menschen als solches definiert wurde, nicht geändert werden? Wenn Frauen nicht geweiht werden und die klerikalen Strukturen erhalten bleiben, dann haben Männer weiterhin allein das Sagen. Also geht es hier neben dem Ämter- und Sakramentenverständnis auch um Machterhalt.
Das klingt nach einer langwierigen Auseinandersetzung.
Ganz: Wir haben seit über 50 Jahren eine feministische Theologie und seit über 100 Jahren eine historisch-kritische Methode im Analysieren der biblischen Texte. Deshalb fordere ich, diese Methode auch anzuwenden. Das katholische Lehramt ignoriert seit Jahrzehnten wissenschaftliche Erkenntnisse aus allen möglichen Disziplinen – und wird deswegen in ihrer Lehrverkündigung immer unglaubwürdiger – und bewegt sich nicht auf der Höhe der Zeit.
Schaut die Weltkirche auf Deutschland?
Ganz: Wir sind sicher nur ein kleiner Teil innerhalb der Weltkirche. Aber ich bin der Meinung, dass die deutsche Ortskirche wichtige Impulse für die Weltkirche geben kann. Und Rom sollte diese Impulse nicht ignorieren …
… oder Bedenken haben?
Ganz: Sicher wird es Bedenkenträger in Rom geben, die Angst haben, dass von Deutschland jetzt eine zweite Reformation ausgeht wie einst unter Luther. Diese Kräfte wünschen sich, dass der Synodale Weg eher bedeutungslos und ohne konkretes Ziel enden sollte.
Wurde deshalb kürzlich eine Instruktion aus Rom in Richtung Deutschland gesendet – mit dem Hinweis, dass nur ein geweihter Priester eine Pfarrei leiten kann?
Ganz: Viele deutsche Bischöfe haben deutlich Kritik an der Instruktion geübt. Das freut mich. Was mich ärgert, ist: In dem Papier kommen Frauen nicht vor. Vielmehr wird das alte hierarchische Modell aufgezeigt. Es ist unvorstellbar, wie sich die älteste Institution der Welt immer noch an patriarchale Leitungsmodelle aus der Zeit des Absolutismus klammert und sich mit aller Gewalt gegen kirchliche Reformen wehrt.
Es gibt ein eigenes Forum zum Thema “Macht”.
Ganz: Deshalb plädiere ich für eine stärkere Quer-Vernetzung der vier Foren. Alle Synodalen diskutieren über die Schöpfungsordnung, über Sexualität, über die Frage der Geschlechter. Als Ergebnis des Synodalen Wegs wäre wünschenswert, dass die Mehrzahl der Bischöfe und Laien konkrete Beschlüsse fasst, wie sexualisierter Gewalt und Machtmissbrauch entgegen gewirkt und die Strukturen der Kirche geschlechtergerechter werden können.
Rechnen Sie damit?
Ganz: Ich halte es nicht für unmöglich. Es ist mittlerweile eine andere, eine mutigere Generation von Bischöfen im Amt. Und es regt sich Widerstand im Volk Gottes, bei Frauen und Männern, Bischöfen und Laienverbänden. Wenn am Ende des Synodalen Wegs aber nur Millimeter-Fortschritte erreicht werden, dann treten weit mehr Gläubige aus der Kirche aus als ohnehin schon in den letzten Jahren. Das ist meine große Befürchtung.
Die Fragen stellte Christine Jeske von der Mainpost
Zum gesamten Interview (Weiterleitung zur Internetseite der Mainpost)