Workshop Biodiversität – das Wunder der Schöpfung entdecken

Die Artenvielfalt fördern – dazu kann jeder Einzelne beitragen. Wie das auch im eigenen Garten funktioniert, hat Dr. Lucia Jochner-Freitag aus Inzell bei einem Workshop auf dem Oberzeller Klostergelände gezeigt. Die Landschaftsökologin und Schöpfungspädagogin kam auf Einladung der Nachhaltigkeitsbeauftragten Sr. Beate Krug. Sie ging auch auf spirituelle Aspekte ein, da es ihr ein besonderes Anliegen ist, Natur- und Geisteswissenschaften nicht getrennt, sondern die Beziehung zu uns selbst, zur Natur und zum Schöpfer im Gesamten zu sehen.

 

Schatzkammer der Natur – ökologische Zusammenhänge erkennen

Nach einer Vorstellungsrunde und einigen Wahrnehmungsübungen widmete sich die Gruppe dem Thema „Verbundenheit allen Lebens“. Die Referentin schaffte ein Bewusstsein dafür, dass der Mensch mit seinen Mitgeschöpfen wie Pflanzen und Tieren auf der Erde Gast sein darf. Der Mensch kann aber nicht nur Gast sein, sondern gleichzeitig auch in die Rolle des Gastgebers schlüpfen, indem er einen Garten so gestaltet, dass sich dort Insekten, Vögel und weitere Lebewesen wohlfühlen.

Kleine Übungen zwischendurch: Mit der Frage „Wie bin ich da?“ wurde die Achtsamkeit nach innen gelenkt.Kleine Übungen zwischendurch: Mit der Frage „Wie bin ich da?“ wurde die Achtsamkeit nach innen gelenkt.

Sehr anschaulich wurden die drei Ebenen der Vielfalt vorgestellt: die Artenvielfalt, die genetische Vielfalt (Sorten) und die Vielfalt der Ökosysteme (Lebensräume), die alle in Wechselwirkung miteinander stehen. In Deutschland ist aktuell rund die Hälfte aller Arten gefährdet, dies ist alarmierend. Neben den 100 Säugetieren, 330 Vögel, 30.000 Insekten, 1.000 Moosarten sind auch die rund 3.000 höheren Pflanzen gefährdet. Die Hauptgründe liegen in der großflächigen Versiegelung der Böden, der Nivellierung der Standorte und dem Einsatz von Spritzmitteln (Pestizide, Insektizide).

Bei einer Erkundungstour im Oberzeller Kräutergarten veranschaulichte Dr. Jochner-Freitag diese Vielfalt, erklärte den Nutzen von Lavendel, Johanniskraut, Nachtkerze, Schafgarbe, Weide u.v.m. Die Natur als Schatzkammer wiederzuentdecken, ist ihr ein Herzensanliegen.

 

Eigenwert der Schöpfung und Anwesenheit Gottes erleben

Am Beispiel einer Pflanze machte die Referentin den Eigenwert eines jeden Geschöpfes deutlich. Neben dem Nutzen dieser Pflanze für andere im Ökosystem, wie Nahrung für Schmetterlinge oder Sauerstoffgewinnung für uns Menschen in Form der Photosynthese, ist diese Pflanze auch ein Mitgeschöpf, „in dem wir die Anwesenheit von etwas Göttlichen spüren können“. Jedes Blatt preise die Schönheit der Schöpfung, betonte Dr. Jochner-Freitag. „Wenn wir die Biodiversität fördern, tun wir auch uns etwas Gutes, und wir achten die Schöpfung. Feststeht, wir sind Natur und leben von und in ihr.“ So könne Gärtnern auch als eine Art Gebet erlebt werden, wenn wir in der Natur diese Verbundenheit mit dem Göttlichen erleben.

Was wir konkret selbst tun können

Abhängig von der Landschaft, in der sich der Garten befindet, können die Übergänge des Gartens durchlässig gestaltet werden. Die Verbindung von Nutz- und Wildnisbereichen machen den Garten insbesondere für Tiere attraktiver. Konkret heißt das, Totholz oder Herbstlaub einfach liegen lassen und so Lebensraum für Insekten oder Igel schaffen. Totholz ist auch für Bienen das perfekte Zuhause – eine natürliche Alternative zum Insekten-Hotel. Zusätzlich spart man sich Arbeit und kann die Zeit für das Genießen der Natur nutzen. Ein weiterer Tipp von Jochner-Freitag lautet, Stauden im Herbst nicht zu schneiden, da auch diese wertvollen Lebensraum für Insekten zum Überwintern bieten können.

Insekten freuen sich, wenn das ganze Jahr über etwas blüht und dieses „bunte Angebot“ für ausreichende Futterversorgung mit Nektar und Pollen im Jahresverlauf sorgt. So kann man darauf achten, früh-, mittel- und spätblühende Arten im Garten zu pflanzen. Was viele nicht wissen: gefüllte Blüten haben oft keine Staubblätter und bieten damit keine Nahrung. Daher kann man auch hier darauf achten, dass im eigenen Garten möglichst viele Blumen mit ungefüllten Blüten, wie Wildpflanzen und Kräuter blühen. Ein weiteres Beispiel sind Thujabäume, die wenig ökologischen Nutzen haben, aber in vielen Gärten zu finden sind. Diese Verbreitung ist v.a. damit zu erklären, dass vor mehreren Generationen die Thuja als Statussymbol galt. Heimische Wildhecken wie Hasel, Hartriegel oder Eibe bieten dagegen Nahrung und Lebensraum für Vögel und viele weitere Tiere.

Artenvielfalt Lavendel Oberzeller KräutergartenBienen lieben Lavendelpollen

Oft wachsen Pflanzen von selbst, wenn man sie lässt und nicht gleich alles durchhakt und mäht. Dr. Lucia Jochner-Freitag beobachtet bei Neubauten den Trend, dass Rollrasen und Rasenroboter immer beliebter werden und lädt dazu ein, auch mal ein Stück vom Rasen abzutrennen und nur zweimal im Jahr zu mähen und zu beobachten, wie sich die Artenvielfalt innerhalb von zwei bis drei Jahren dort ändern wird.

 

 

Feedback der Teilnehmenden

Mit Hilfe eines Wollknäuels gab jede Teilnehmerin am Ende Rückmeldung, was sie mit nach Hause nimmt. Das Netz, was so entstand, zeigt die Verbundenheit mit allem und spiegelt die verschiedenen Aufgaben wieder, die jede/r hat, um den großen Ganzen zu dienen. Die Referentin betonte, dass wir trotz der vielen globalen Herausforderungen positive Signale setzen können, jede/r in seinem/ihrem Rahmen, jeder/r was sie/er mit ihren/seinen Ressourcen und Fähigkeiten einbringen kann.Nicht nur durch den Faden verbunden: Endrunde eines informativen WorkshopsNicht nur durch den Faden verbunden: Endrunde eines informativen Workshops

Marianne Zander, Hauswirtschaftsleiterin im Kloster Oberzell, nimmt sich vor, in Zukunft ihren Garten mehr zu genießen und sich weniger Arbeit zu machen, indem sie mehr liegen lässt wie Laubhaufen oder abgeschnittenes Holz – als Lebensraum für Tiere. Auch Bianca Keller aus der Küche im Antoniushaus, die sich schon viele Jahre im Gärtnern ausprobiert, nimmt viele Tipps und Inspiration mit nach Hause. Sie will beispielsweise versuchen, einen Abschnitt ihres Rasens in eine Wildpflanzenwiese zu verwandeln.